Allgemein Formalitäten

Berufliche Perspektiven in Russland

Bevor du in ein anderes Land ziehst, ist es ganz natürlich sich die Frage zu stellen, was man dort beruflich machen kann und welche berufliche Perspektiven Russland für einen persönlich bietet. Schließlich will sich jeder zum einen den eigenen Lebensunterhalt sichern und zum anderen braucht der Mensch auch irgendeine Art der Beschäftigung. Wenn diese auch noch Geld bringt, umso besser.

Arbeitsmarkt in Russland

Natürlich gibt es auch in Russland einen Arbeitsmarkt, der je nach Branche mehr oder weniger Auswahl bietet. Es ist kein Mythos, dass in Russland sehr viele Menschen eine sehr gute Ausbildung genossen haben und hinterher für kleines Geld arbeiten. Die Gehaltsschwankungen zwischen den einzelnen Berufen sind sehr gering. Unabhängig davon, ob du als Friseur, Verkäufer, im medizinischen Bereich oder in der öffentlichen Verwaltung angestellt bist. Das durchschnittliche Gehalt liegt bei ca. 20.000 -30.000 RUB/Monat (ca. 300 EUR). Diese Werte gelten für die Region in Krasnodar. In Moskau oder St. Petersburg schaut das ganze natürlich etwas anders aus. Aber auch die Lebenshaltungskosten steigen enorm.

Jeder der bisher in einem Anstellungsverhältnis gearbeitet hat und dies auch in Russland fortsetzen möchte, muss sich Folgendem bewusst sein. Auch in Russland wird sich ein Arbeitgeber für Berufsabschluss und berufliche Referenzen interessieren. Hier musst du für deinen persönlichen Einzelfall beurteilen, in wie fern du deine eigene Ausbildung in Russland einsetzen kannst.

Anerkennung der deutschen Ausbildung in Russland

Buchhalter und Juristen haben z.B. eine sehr spezifische Ausbildung, die sich an dem jeweiligen Landesrecht orientiert und in Russland nur in ausgewählten Stellen gebraucht werden könnte. Wenn du z.B. bei der IHK, einer vergleichbaren Organisation, die die Interessen von deutschen Investoren vertritt oder einem Beratungsunternehmen als Spezialist für internationale Sachverhalte tätig wirst.

Bist du im Medizinbereich unterwegs als Arzt, Krankenschwester oder Therapeut, so wirst du deine Ausbildungskenntnisse in Russland bestätigen müssen, um auf Menschen losgelassen werden zu dürfen.

Als Ingenieur hat man es grundsätzlich einfacher, denn die Regeln der Physik gelten auch in Russland. Jedoch ist der industrielle Bereich nicht in jeder Region in Russland angesiedelt. Will man unbedingt weiterhin in der Industrie tätig sein, muss davon auch das Ziel des Umzugs abhängig gemacht werden. Sprich man sucht sich gezielt zunächst eine Anstellung und zieht dann um.

Dass in jedem Fall ausreichende russische Sprachkenntnisse notwendig sind ist selbsterklärend.

Fazit ist, dass auch in Russland Arbeit vorhanden ist. Vergütungsstandards, die man aus Deutschland gewohnt ist, wird man in Russland als Angestellter eher nicht erreichen.

Selbstständigkeit in Russland

Hast du das Unternehmergen, ein angemessenes Startkapital und bist gerne für dich selbst verantwortlich, so kann man auch in Russland alternativ den Weg in die Selbstständigkeit gehen.

Jeder der etwas Handwerkliches gelernt hat ist in Russland sehr gut aufgehoben. Gute Handwerker, die hochwertige Arbeit abliefern, werden hier immer gebraucht. Wenn du dir noch zusätzlich den Stempel deutscher oder europäischer Qualität verpassen kannst, wirst du gut Nachfrage generieren können.

An vielen Ecken fehlen Produkte, die zwar in der übrigen Welt bekannt sind, in Russland aber nicht überall verfügbar sind. Eigene Traditionsprodukte dominieren den Markt, die Nachfrage nach Alternativen wäre jedoch da.

Berufliche Perspektiven für die Selbstständigkeit in Russland

Jeder der hier im Sommer mal was anderes als Schaschlikspieße grillen möchte, muss sich selber weiterhelfen. Grillwürste findet man in Russland nicht. Auch wenn ich nicht ausgiebig danach gesucht habe. Auch die übrige Auswahl an guten Wurstwaren ist überschaubar, habe ich mir sagen lassen. Es gibt viele Hersteller und Namen, der Inhalt ist aber wohl der gleiche. Metzgermeister könnten mit Alternativprodukten etwas Neues bieten.

Dasselbe gilt auch für Brotwaren. In jedem Viertel gibt es zahlreiche Bäckereien, die auch schmackhafte Waren anbieten. Klassische Piroschki, Kleingebäck, Brote und alles was das süße Herz begehrt. Jedoch konzentriert sich das Angebot überwiegend auf Weizenmehl und helle Backwaren. Sauerteigbrote und Vollkornprodukte sind eine Seltenheit und noch verbesserungswürdig. Wer für gute Brotkunst lebt, der könnte glaube ich auch in Russland Erfolg haben.

Viele kennen z.B. auch ein gutes und echtes Bier aus Deutschland und würden auch zu Hause gerne eins trinken. Echtes Bier gibt es in Russland aber nicht. Importware ist dagegen sehr teuer. Ein Braumeister könnte in Russland natürlich gutes Geschäft machen. Muss aber natürlich mit vielen Auflagen rechnen. Vermarktung von Alkohol ist in Russland z.B. grundsätzlich nicht erlaubt.

Wenn wir schon beim Alkohol sind, darf natürlich auch die russische Weinkultur nicht unerwähnt bleiben. Ja, die gibt es wirklich. Im Süden Russlands werden heute köstliche Weine produziert. Wenige große Winzerbetriebe und viele kleine Winzer haben ihre Weinreben entlang der Schwarzmeerküste. Viele Weinbaugebiete wurden zur Sowjetzeiten vernichtet. Aktuell findet in der Region Krasnodar ein Wiederaufleben alter Weinbaugebiete und die Stärkung des Weinanbaus, als Wirtschaftsfaktor der Region statt.

Auch als KFZ-Meister, Bauunternehme, Gemüse- und Obstbauer oder in der Tourismusbranche hat man in allerlei Hinsicht gute berufliche Perspektiven.

Nichtsdestotrotz wird einem nichts hinterhergeworfen. Man muss sich zu seinem Glück schon selbst verhelfen und aktiv werden. Denn Glück sucht bekanntlich den Tüchtigen.

Steuerbelastung für Selbstständige in Russland

Auch in Russland bedeutet Selbstständigkeit Verantwortung und Bürokratie. Für Kleinunternehmer gibt es jedoch erleichterte Anmeldeformen. Die Fixkosten bestehend aus Pflichtversicherung und Steuern sind verhältnismäßig gering.

So muss ein Einzelunternehmer, der kein weiteres Personal beschäftigt, in 2021 z.B. folgende Beträge aufbringen:

  • Renten- und Krankenversicherung

40.874 RUB + 1% der Einnahmen, die 300.000 RUB übersteigen

  • Einkommensteuer

Hier ist man als Einzelunternehmer in der wünsch dir was –Situation.

  1. Grundsätzlich landet jeder erstmal in der Standardbesteuerung, also klassische Buchführung und 20% Steuern auf den Gewinn.
  2. Erzielst du als Einzelunternehmer nicht mehr als 200.000.000 RUB Einnahmen im Jahr, kannst du auch eine vereinfachte Besteuerung wählen. Dann zahlt man pauschal 6% auf die Einnahmen, unabhängig von der Höhe der Ausgaben. Oder alternativ 15% auf den Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben.
  3. Will man gar keine Einnahmen oder Ausgaben aufzeichnen, gibt es sogar die Möglichkeit sich ein soggenannten Patent zu erwerben. Abhängig von der Art der Tätigkeit berechnet die Steuerbehörde einen potenziell möglichen Gewinn und berechnet darauf die Steuern. Diese werden im Voraus für einen Monat bis ein Jahr gezahlt. Die tatsächlich erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben spielen keine Rolle. Die geschätzte Steuer wird weder erstattet noch nachberechnet.
  4. Darüber hinaus gibt es noch Sondertarife für landwirtschaftliche Tätigkeit, die je nach Region unterschiedlich ausfallen und einen Steuertarif von 4-6% für Kleinunternehmer mit Einkünften bis 2,4 Mio. RUB im Jahr.

Das Steuersystem ist in Russland nicht einfacher als anderswo. Günstiger als in Deutschland oder auch anderen europäischen Ländern, ist es aber allemal, zumindest für Einzelunternehmer.

Wenn du also deinen Beruf in Russland ausüben möchtest, gibt es auf jeden Fall die Möglichkeit dies auch zu tun.

Wenn du mehr über Selbstständigkeit erfahren möchtest, auf der offiziellen Seite der Verwaltung, die kleinen und mittleren Unternehmern Unterstützung bietet, informiert umfangreich. Jedoch nur in russischer Sprache.

Beruflicher Neuanfang in Russland

Wenn du jetzt aber denkst, dass das alles ganz schön kompliziert klingt. Oder daran zweifelst, dass du in Russland den gleichen und gut bezahlten Job wie bisher bekommst. Vielleicht auch glaubst, dass deine berufliche Perspektiven in Russland sich in Luft auflösen. Dann solltest du dich Folgendes fragen.

Wenn du tatsächlich bereit bist dein Leben umzukrempeln, deine gewohnte Umgebung zu verlassen und dich auf etwas Neues einzulassen, wieso dann nicht auch beruflich? Gibt es nicht etwas, was du eigentlich mal machen wolltest und es zugunsten von Sicherheit und guten Jobaussichten wieder verworfen hast? Oder hast irgendwann einfach eine Wahl zwischen zahlreichen Alternativen treffen müssen? Dann ist vielleicht ein Umzug und Neustart für dich genau der Zeitpunkt dich auch beruflich neu zu orientieren.

Fazit

Du kannst jeden Tag dich für das Leben entscheiden, was du heute leben möchtest. Es braucht keine Jahre an Vorbereitung und Abwägung. Es braucht nur eine Sekunde, in der du die Entscheidung für dich triffst und dann dein ganzes Handeln darauf richtest, genau das zu tun. Und schon findest du dich mitten in dem Leben deiner Vorstellung wieder.

Ich habe die letzten Jahre in Deutschland als Steuerberater gearbeitet und Eduard als CTA. Ich habe meinen Beruf geliebt und bin gerne in die Arbeit gegangen. Aber irgendwann kam der Zeitpunkt, in dem die Routine einkehrte. Und auch wenn man als Steuerberater stets mit neuen Dingen konfrontiert wird, bleiben es stets die gleichen Tagesabläufe.

Als wir nach Russland gezogen sind, haben wir für uns entschieden, dass wir hier ein anderes Leben führen möchten. Mehr Freiheit, Spontanität und Selbstverantwortung sollten unser Leben bereichern.

Wir haben uns für Ausflüge mit dem Boot, Yogaunterricht und die Bewirtschaftung eines Obstgartens entschieden. Das zu verwirklichen wird uns die nächsten Jahre beschäftigen und darauf freuen wir uns jeden Tag.

Es kommt nicht darauf an, ob es dem Stereotyp eines soliden Berufs entspricht und was die anderen von deiner Wahl halten.

Am Ende zählt nur, dass du glücklich bist.

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