Das Projekt Hausbau in Russland bzw. der Innenausbau ist in den letzten Zügen angekommen. Nachdem wir Ende Februar mit dem Innenausbau begonnen haben, haben wir einige Abenteuer gemeistert.
Im Rahmen des Innenausbaus mussten noch die Wände tapeziert, der Boden gelegt, die Bäder gefliest und die Betondecke verdeckt werden. Am Ende ist alles ganz anders gekommen, wie wir es uns am Anfang vor einem Jahr gedacht haben. Aber Hausbau bedeutet auch flexibel sein und neue Wege erkunden, wie flexibel war mir gar nicht klar.
Wände tapezieren
Mit meiner Vorstellung von gewöhnlichem Rauputz an der Wand bin ich in Russland auf viele ahnungslose Gesichter gestoßen. Fliesen, Tapeten , Dekorputz in allen möglichen Varianten, Dekorfarbe mit Spezialeffekten, alles ist machbar. Eine schlichte weiße Wand kommt in Russland dagegen nicht so gut an und löst verständnislose Blicke aus. Weil ich nach mehreren Wochen immer noch nicht wusste, wie ich als Laie meine Vorstellungen erklären kann und auch kein Material für die Umsetzung gefunden habe, habe ich mich geschlagen gegeben und mich auf die Suche nach Tapeten gemacht.
Bei dem teilweise pompösen Geschmack, der einen zurück in die Zarenzeit versetzt, muss man die Auswahl mehr als einmal durchgehen. Somit wurden Geschäfte mit den Tapeten mein zweites Zuhause, dem ich wöchentlich Besuch abstattete. Bei der riesigen Auswahl sind auch wir fündig geworden und haben uns tatsächlich für schlichte Tapeten entschieden, wobei ein wenig Glitzer der Zarenzeit nicht fehlen durfte. Die russische Mentalität reißt einen wohl einfach mit.
Bodenbelag aussuchen
Aber beim Boden, da wussten wir was wir wollten. Natürlich ein ökologischer Boden aus Holz. Vielleicht sogar Parkett? Hätten wir halt vorher die Meister des Innenausbaus gefragt.
Nachdem uns von einem Dielenboden aufgrund der hohen Transportkosten und dem Mangel an geeigneten Kräften, die diesen verlegen könnten, abgeraten wurde, haben wir uns Parkett angesehen. Die Auswahl war riesig und wo die Wahl ist, ist die Qual. Da wir aber eine Fußbodenheizung haben, und die Wärmeleitfähigkeit von Parkett und Laminat gering ist, sind wir als Alternative zum supermodernen Quarzvinyl gewechselt. Während wir diesen ausgesucht haben, wurden Sanktionen erlassen und es wurde kein Quarzvinyl mehr geliefert. Hilfe!
Am Ende blieb uns die Alternative den Innenausbau anzuhalten oder uns der letzten Variante, dem Steinboden, zuzuwenden. Das, was ich zunächst überhaupt nicht in Betracht gezogen habe, hat uns unser Projekt gerettet. Unser Steinboden in Holzoptik ist am Ende wunderschön geworden und durch die Fußbodenheizung auch schön warm, mit bester Wärmeleitfähigkeit. Für die heißen Sommer ist dagegen ein kühler Boden hoffentlich ebenfalls ganz angenehm.
Deckenverkleidung mit einer Spanndecke
Ich war noch nie mit Hausbau beschäftigt und habe mir daher noch nie in meinem Leben Gedanken über die Decke in meiner Wohnung gemacht. Sie war einfach da. Aber jetzt stand ich in einem Rohbau. Über mir eine graue Betondecke, Stromleitungen und Ventilationsschächte. Wie kriegt man jetzt eine hübsche weiße Decke? Wir hatten wie Wahl zwischen Rigipsplatten oder einer Spanndecke. Wer noch nie was von einer Spanndecke gehört hat, das ist ein Kunststofflacken, welches aufgespannt wird und die Decke verkleidet.
Auch an dieser Stelle bin ich zunächst durch den mentalen Veränderungsprozess durch. Von der festen Überzeugung, dass mir keine Plastiktüte ins Haus kommt bis hin zu „das schaut ja toll aus“, sind auch paar Monate vergangen.
Wenn man sich das Material genau ansieht, hat es nichts mit einer Plastiktüte gemeinsam. Ein sehr angenehmes, weiches und dennoch robustes Material, das ein wenig an Leder erinnert und dabei aber dehnbar ist. Bevor die Decke befestigt wird, werden Halterungen für die Leuchten und Gardinennischen und eine Führungsleiste angebracht, an der später die Decke befestigt wird. Das Lacken wird nach Zimmermaß zugeschnitten und der Rand versäumt.
Während das Material mit viel Heißluft warm und dehnbar gemacht wird, wird es in den vorher angebrachten Halterungen festgesteckt. Sobald das Material wieder abkühlt, zieht es sich zusammen und hängt straff unter der eigentlichen Decke. Dann können bereits Öffnungen in die Plane geschnitten und die Leuchten und Spots angebracht werden.
Der riesen Vorteil ist, dass diese Decke jederzeit teilweise
oder ganz abgenommen werden kann. So kann man ohne großen Aufwand z.B. zusätzliche
Leuchten anbringen oder die Lüftungsschächte erreichen und dann die Decke
wieder zurückstecken.
Am Ende kann man optisch gar nicht sagen, was für ein
Material verwendet wurde. Es ist super ordentlich, gerade und mit Kosten von 1.500 EUR auch erschwinglich, ich würde das
jederzeit weiterempfehlen.
Bäder fertigstellen
Die Arbeiten an den Bädern waren dagegen fast das Einfachste am gesamten Hausbau. Fliesen werden auch hier in großer Auswahl geliefert. Aus Europa, China, Indien und auch direkt aus russischer Herstellung. Die russische Herstellung ist dabei top Qualität, die mit italienischen Fliesen mithalten kann. Denn ein fündiger Italiener hat sich nicht von Sanktionen behindern lassen und vor vielen Jahren bereits mehrere Werke mit hochwertiger Produktion aufgebaut.
Bis auf eine kleine Zwischenpanne, bei der uns eine Packung Fliesen aus einer anderen Charge geliefert und deswegen nicht gepasst hat, lief hier alles einwandfrei. Die fehlenden Fliesen in der richtigen Größe konnten zum Glück auch noch beschafft und das Bad fertiggestellt werden
Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass die Leute hier ihr
Handwerk gut beherrschen. Bei uns am Haus haben Bauarbeiter unterschiedlichster
Nationalitäten angepackt und alle waren sie ein Profi ihres Faches.
Das Projekt Hausbau hat mich mehr als nur eine Lektion
gelernt. Flexibel und offen zu sein, hat sich am Ende ausgezahlt, denn am Ende kommt
es so wie es kommt und so wird es auch gut sein.