Persönliche Eindrücke

Russland und die Plastiktüte – wohin man auch blickt

2020 war in Deutschland ein Jahr, dass die Bevölkerung in vielerlei Hinsicht gespalten hat. Und wer jetzt an das böse C-Wort denkt, liegt falsch. Ich rede nämlich von der guten alten Plastiktüte, die 2020 offiziell im deutschen Einzelhandel verboten wurde. In Russland erfreut sich die Plastiktüte jedoch weiterhin großer Beliebtheit.

Aber auch Russland hat sich mal Gedanken dazu gemacht, den Plastiktütenkonsum zu reduzieren. Ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass der russische Konsument noch nicht dazu bereit ist, auf seine geliebte Plastiktüte zu verzichten. Aber muss hier tatsächlich erstmal der Gesetzgeber aktiv werden, damit ein alltägliches Verhalten überdacht wird? Oder hat der Konsument vielleicht einfach noch keine Alternativen bekommen?

Klar ist es möglich eine Plastiktüte mehrfach zu verwenden oder ordnungsgemäß zu entsorgen. Aber hat tatsächlich jemand eine zerknautschte, raschelnde Plastiktüte in seiner Handtasche stecken? Oder schon mal eine Plastiktüte zum Wertstoffhof gebracht?

Ich finde die Idee auf Plastiktüten zu verzichten ganz gut. Und trage daher schon lange einen Stoffbeutel mit mir herum, man weiß ja nie wann einen die Kauflust packt. Auch Obst und Gemüse habe ich schon lange in ein wiederverwendbares Netz gepackt oder einfach lose gekauft.

Bis ich nach Russland ausgewandert bin. Hier stehe ich mit meiner Abneigung gegen Plastikverpackungen gefühlt alleine da. Gemäß dem Motto „life in plastic is fantastic“, kommt in Russland alles in die Plastiktüte. Und ich meine wirklich alles.

In der Regel wird in Russland auf dem Markt eingekauft und nicht im Supermarkt. Alles wird in einer eigenen Plastiktüte abgewogen. Sei es Obst und Gemüse, Getreide, Kräuter, Fisch, Käse und selbst Eier gibt es in einer Tüte. Und damit die Kräuter schön ordentlich und sauber aussehen, während sie nach Hause getragen werden, werden diese gerne in zwei Tüten eingepackt. Eine als Verpackung und eine zweite zum Transport. Und keine Widerrede. Klar, wer will schon mit unordentlich verpackten Kräutern auf dem Heimweg gesehen werden. *Ironie aus*

Damit hört das große Tütenspiel aber noch lange nicht auf. Brot und Gebäck beim Bäcker, ab damit in die Plastiktüte oder Plastikbox. Einen neuen Hundenapf besorgt, nein der kann doch nicht einfach in die Tasche wandern, die Plastiktüte ist viel besser. Eine frische, dampfende Pirogge auf die Hand gekauft – gut, dass es eine Plastiktüte gibt und man nicht eine Serviette nehmen muss. Das Spiel geht so weiter, wohin man schaut.

Das Klischee, dass jeder russische Haushalt eine Tüte mit noch mehr Tüten darin besitzt, ist eine traurige Wahrheit. Und traurig nicht, weil ich die Plastiktüte an sich so dramatisch finde. sondern weil der Umgang damit ohne jeglichen Gedanken an unsere Ressourcen erfolgt. Unsere große Plastiktüte, die den vielen kleinen Tüten eine Zuhause gewährt, ähnelt mittlerweile einem Kugelfisch, der sich an Plastiktüten überfressen hat. Und das nach drei Wochen. Wir sitzen auf einem Plastiktütenberg, den wir nach und nach dazu verwenden, unseren Müll darin zu entsorgen. Leider essen wir mehr, als wir wegschmeißen, sodass diese Rechnung nicht ganz aufgeht. Mittlerweile ertappe ich mich schon selbst dabei, wie ich angebrochene Lebensmittelverpackungen in Plastiktüten verpacke. Ist es noch die deutsche Ordnung oder schon die russische Plastiktütenmanie?

Ein mal habe ich tatsächlich bereits daran gedacht, ein paar dieser kleinen Tüten mit auf den Markt zu nehmen. Als die Verkäuferin meine Tomaten darin abgewogen hat, hat sie belustigt geschaut und gefragt, ob es meine eigene Tüte sei. Sowas hat sie wohl noch nicht erlebt. Aber wenn ich mit meinen kleinen und zerknautschten Plastiktüten den Damen auf den Markt ein Lächeln ins Gesicht zaubern und gleichzeitig die Weltmeere schützen kann, haben doch alle was davon.

(2) Kommentare

  1. Anne/ Wilfried sagt:

    Liebe Elena – leider haben wir dich nicht kennengelernt- lieber Eduard, mit großer Spannung haben wir deinen ausführlichen Bericht, Liebe Elena, gelesen. Sehr ausführlich und plakativ schilderst du eure Erlebnisse und triffst passende Wertungen… wir werden mit großer Aufmerksamkeit euren weiteren Weg verfolgen und wünschen euch Durchhaltevermögen, Glück und dass sich bald all eure Wünsche erfüllen, alles Liebe von Anne und Wilfried

    1. Vielen Dank, das freut mich sehr.
      Besten Gruß Elena

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