Es ist 9. Mai und damit Tag des Sieges. Der wahrscheinlich wichtigste, feierlichste und beliebteste Tag des Jahres in Russland.
Nachdem aufgrund der öffentlichen Beschränkungen der letzten Jahre auch die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges die letzten drei Jahre zum großen Teil geruht haben, wurde dieses Jahr der 9.Mai wieder in seinem schönsten Glanz gefeiert.
Im ganzen Land, von Moskau bis Kamtschatka, wurde den Soldaten des zweiten Weltkrieges gedenkt. In jedem noch so kleinen Ort haben Menschen Blumen an die Gedenkstätten gebracht und sich an ihre Vorfahren und ihre Geschichte erinnert. Musik, Feste, Feuerwerk und gute Stimmung gehören an diesem Tag genauso dazu, wie eine kleine Prise Traurigkeit. In größeren Orten wurden zudem wieder die traditionellen Siegesparaden abgehalten. Der gesamte Tag wurde landesweit mit Freude und Stolz auf das eigene Land erfüllt.
Die Siegesparade
Auch in der Stadt Anapa, die ein zentraler militärischer Standpunkt ist, wurde der Tag entsprechend begangen. Nachdem bereits am frühen Morgen der Bürgermeister, die Veteranen und die Repräsentanten der Staatsgewalt Blumen am ewigen Feuer niedergelegt haben, haben Angehörige unterschiedlicher militärischer Organisationen um punkt zehn Uhr eine Siegesparade abgehalten.
Soldaten, Polizisten und Angehörige des Innenministeriums, Angehörige der Seeflotte, Kosaken, Angehöriger des militärischen Innovationszentrums in Anapa, Studenten der Universität für Küstensicherheit und Schüler der Kadettenanstalt. Sie alle haben als ein Teil der militärischen Einheit am Standpunkt Anapa teilgenommen. Die Parade ist ein Festakt, der in Anlehnung an die Siegesparade im Jahr 1945 stattfindet. Sie soll eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart schaffen, die zeitliche Kluft überbrücken und damit auch für die Generationen, die den Krieg nicht miterlebt haben, eine historische Verbindung herstellen. Und ich kann sagen, dass es funktioniert.
Erinnerungen pflegen, Geschichte erhalten
Ich muss ehrlich sagen, dass ich diesem Tag immer sehr zwiegespalten gegenüber bin. Denn mein Wunsch nach Frieden wird durch die Erinnerungen an den Krieg und die Vorstellung, dass auch meine Vorfahren und viele andere Menschen ihr Leben auf eine so schreckliche Art und Weise verloren haben, nicht mehr nach Hause zurückgekehrt oder anderweitig vom Krieg geprägt wurden, stark ins Wanken gebracht. Ich werde mich immer fragen, was in der Welt falsch gelaufen war, dass es soweit kommen musste.
Aber es ist wichtig sich zu erinnern. Denn es ist Teil unserer Geschichte. Jeder Trägt energetisch ein Teil dessen, was seine Vorfahren erlebt haben in sich. Nur wenn wir uns dessen bewusst sind, haben wir überhaupt eine Chance zu verstehen wer wir sind und was uns ausmacht. Und so
schwer es manchmal sein kann, gehören auch die Jahre 1941 – 1945 dazu. Sorgen, Ängste, Trauer, aber auch Hoffnung und Freude über den Sieg, sie leben in uns weiter. Daher ist Vergessen keine Option. Die Stärke und den Mut, den unsere Vorfahren gezeigt haben, den trägt auch jeder von uns in sich. Aber nur wenn wir uns an unsere Vorfahren und ihre heroische Taten erinnern, schaffen wir eine Verbindung und finden ein Teil dieses Mutes auch hoffentlich in uns. Mut für unser Land einzustehen, Mut sich patriotisch für sein Land zu zeigen oder einfach den Mut aus vollem Herzen zu leben. Denn das haben uns unsere Großväter und Uhrgroßväter schlussendlich ermöglicht. Sie haben uns einen friedlichen Himmel geschenkt und das sollten wir jeden Tag zu schätzen wissen.
Das unsterbliche Regiment
Und ich bin begeistert, wie zahlreich sich die Bürger Anapas am Tag des Sieges erinnert haben. Im Anschluss an die Siegesparade haben über 20.000 an einem Erinnerungsmarsch des unsterblichen Regiments teilgenommen. Das soggenannte unsterbliche Regiment ist eine Aktion, die in allen größeren Städten in Russland zum Tag des Sieges stattfindet. Daran kann jeder teilnehmen und mit einem Foto seiner Vorfahren, die im Krieg gekämpft haben, dieser erinnern. Angeführt wird das Regiment durch echte Veteranen des zweiten Weltkrieges. Die von umstehenden Menschen mit Dankesrufen und Blumen empfangen werden.
Das Gefühl, das zu erleben, ist unbeschreiblich. Die Stimmung ist sehr positiv. Es werden Lieder aus der Kriegszeit gesungen, Jubelrufe ausgerufen und man nimmt nur die stolzen Gesichter der Nachfahren war. Selbst die Kleinsten nehmen teil und halten die Fotos von wahrscheinlich bereits ihrer Uhruhruhrgroßväter.
In diesem Augenblick versteht man, dass Russland und ihre Menschen nach wie vor zusammenhalten. Zusammengeschweißt durch die gemeinsame Geschichte. Und die Verbindung wird bleiben, solange wir uns erinnern.